Eines vorweg: Die Jugendschutzgesetze in Deutschland sind so streng wie in wenigen anderen Staaten weltweit. Tatsächlich gibt es keinen Nachweis, dass strenge Regeln und Maßnahmen, die nicht immer von allen eingehalten werden, effektiver sind als die Gesetze in anderen Staaten. Die neueste Aufregung der Jugendschützer entsteht durch die Streaming-Plattform Twitch, wo Kinder und Jugendliche ungehindert Zugriff auf Glücksspielinhalte erhalten.
Fußball ist hierzulande die beliebteste Sportart. Wer einmal genauer hinsieht, wird feststellen, dass fast alle Bundesligisten von einem Wettanbieter gesponsort werden. Wetten gehört zu den Glücksspielen, vor denen Jugendschützer Kinder und Jugendliche schützen möchten. Im Fußball scheint die Lobby der Jugendschützer derart gering auszufallen, dass sie sich lieber auf Streamer auf Twitch fokussieren. Hinter den Streamern auf der Plattform stehen keine Konzerne oder mächtige Verwaltungszentralen, gegen die Jugendschützer oft unterlegen sind. So kommt es, dass Jugendliche mit einem Glücksspielsponsor auf einem Fußballtrikot herumlaufen dürfen, dass sie durchaus dazu verleiten könnte, die Webseite des Wettanbieters aufzurufen, ihnen aber untersagt werden soll, die Streamings auf der Plattform Twitch anzusehen.
Streamingverbote in Deutschland geplant
Offensichtlich fällt dem Rat des Jugendschutzes nichts Besseres ein, als die Streamings zu verbieten oder so zu verschlüsseln, dass jüngere Nutzer der Plattform darauf keinen Zugriff erhalten. Derzeit sind die Streamer nur verpflichtet darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem jeweiligen Stream um ein Angebot für Personen ab 18 Jahren handelt. Die Jugendlichen müssen bestätigen, dass sie bereits volljährig sind und dürfen selbstverständlich nicht lügen. Damit erfüllen Streamer dieselben Pflichten wie die Glücksspielanbieter. Sie verlangen von jedem als Zugangsvoraussetzung die Bestätigung der Volljährigkeit, um die Inhalte auf der Seite sehen und nutzen zu können.
Die meisten Alkoholshops, die Alkohol online verkaufen, agieren nicht anders. Selbst Snus, ein Nikotinprodukt aus Norwegen und Schweden, wird nur verkauft, wenn die Webseitenbesucher durch das Anklicken eines Buttons bestätigen, volljährig zu sein. Offensichtlich reicht das aus, um den Markt für Kinder und Jugendliche zu regulieren. Bisher jedenfalls, denn jetzt verlangen viele Jugendschützer, dass die Streamer ihre Angebote mit Inhalten zum Thema Glücksspiele zurückziehen, denn die Plattform Twitch bietet keine Möglichkeit der Alterskontrolle durch Prüfung eines Ausweises.
Das ist ein typischer Reflex in Deutschland, sobald etwas passiert, dass moralisch verwerflich ist, wird hastig nach strengeren Maßnahmen gesucht und diese weitgehend unüberlegt erlassen. Bei solchen Entscheidungen werden aber keine spürbaren Restriktionen gegenüber den Anbietern erlassen, sondern die Jugendlichen selbst zu Sündenböcken gemacht. Psychologen, Pädagogen, Forscher und Wissenschaftler haben bereits mehrfach belegt, dass strenge Verbote und Strafen das Problem nicht lösen. Jugendliche sind keine Objekte, die man vor der Wahrheit schützen muss. Zusätzlich gewähren Online-Casino-Portale verschiedene Möglichkeiten, um die verschiedenen Glücksspielanbieter zu vergleichen und herauszufinden, bei wem der Spielerschutz am besten eingehalten wird.
Lösungen für Alterskontrollen auf Streaming-Plattformen
Bevor wir uns intensiver mit den Vor- und Nachteilen des Jugendschutzes in Deutschland beschäftigen, darf keine Kritik ohne Lösungsansätze geäußert werden. Um die Alterskontrollen einzuhalten, sollten die Casinos, Wettanbieter und sonstige Glücksspielanbieter nach Skandinavien blicken. Genauer nach Finnland. Dort erhält jeder Bürger ab dem 12. Geburtstag die Möglichkeit, ein Konto bei einer Bank zu öffnen.
Zuvor werden die Konten der Kinder mit denen ihrer Eltern verknüpft. Die Kinder erhalten ein virtuelles Konto, auf das durch die Eltern jeden Monat das Taschengeld überwiesen wird. Die Eltern behalten die volle Einsicht aller Kontobewegungen, können dem Kind das Abheben des Taschengeldes zeitlich limitieren.
Sobald die Jugendlichen ein Konto eröffnen, erhalten Sie einen Zugangscode für alle weiteren Dienste. Dieser Code enthält verschlüsselte Daten, wie das Alter des Kontoeigentümers. Wenn ein Jugendlicher online die Seite eines Glücksspielanbieters betritt, wird die Altersangabe mittels Codes verlangt. Damit der Anbieter selbst keine sensiblen Daten erhält, wird dem System automatisch nur übertragen, ob die Person berechtigt ist oder nicht, die Dienstleistungen der Webseite zu beanspruchen. Nutzen Jugendliche die Daten ihrer Eltern oder anderen erwachsenen Verwandten, werden die sofort auf ihrem Smartphone über die Zugangsfreigabe benachrichtigt und können umgehend reagieren. Mit der hier genannten Lösung erhalten die Anbieter den Kontrollauftrag und nicht Streamer, die darüber informieren, wie mit den Diensten umzugehen ist. Dafür ist erneut der Blick auf den Umgang mit dem Jugendschutz in Deutschland notwendig.
Verbote verleiten zur Grenzüberschreitung
Alle Verbote, die im Jugendschutz enthalten sind, dienen dazu, die Jugendlichen zu maßregeln, schützen aber nicht vor Erfahrungen. Kinder und Jugendliche benötigen Aufklärung, darüber sind sich unter anderem junge Menschen wie Susanne Graf, ein ehemaliges Mitglied der Jungen Piraten, der Musiker Maxim Drüner und Ursula Fehling, ehemaliges Mitglied im Bund der Deutschen katholischen Jugend einig. Verbote müssen dosiert und gezielt auf das Nötigste begrenzt sein und nicht wild ausgeweitet werden.
Kinder und Jugendliche überschreiten immer dann Verbote, wenn hinter dem Verbot etwas Interessantes ist, dass probiert werden will. Pornofilme online sind rund um die Uhr ohne Altersfreigabe anzusehen, das kontrolliert niemand. Ob das ein Kind oder einen Jugendlichen verstört, hängt von der Erziehung ab und ob die Praktiken als selbstverständlich betrachtet werden. Anstatt neue Verbote, Restriktionen und Strafen zu schaffen, sollten die, die bereits vorhanden sind, überarbeitet werden und anschließend eingehalten, denn besonders darin liegt das größte Problem.
Jugendschutzgesetze bringen nichts, wenn die, die die Jugend schützen sollen, ihre eigenen geschaffenen Gesetze nicht einhalten. Denn auch bei den Machern der Jugendschutzgesetze handelt es sich oft um Familienväter und -mütter. Aber auch sie maßregeln ihre Kinder nicht bis zur Konfrontation, weil sie wissen, dass die Jugend ihre Erfahrungen sammeln muss und die Wahrheit viel wertvoller für die persönliche Entwicklung ist, als sie immer und überall vor allem schützen zu wollen.
Durch die Streamingangebote auf Twitch lernen die Jugendlichen zeitig den Umgang mit Glücksspielen und sie sind mündig genug, selbst über die Teilnahme mit Beginn der Volljährigkeit zu entscheiden.